Andreas König

"no saben ni hablar pobrecitos" - "sie können nicht mal sprechen, die Armen"

Formen des Sprechens und die Konstruktion der Identität in der Sierra von Huelva / Andalusien (Spanien)
Reihe: Spektrum. Berliner Reihe zu Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in Entwicklungsländern
"no saben ni hablar pobrecitos" - "sie können nicht mal sprechen, die Armen"
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  • 978-3-8258-3877-3
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Ethnologische Tätigkeit beruht in dreifacher Weise auf dem Dialog. Über den Dialog werden in der... mehr
Klappentext
Ethnologische Tätigkeit beruht in dreifacher Weise auf dem Dialog. Über den Dialog werden in der untersuchten Gesellschaft selbst Kultur und Bedeutung hergestellt und vermittelt: Gesellschaft wird in ihm ständig neu produziert. Das System von symbolischen Bedeutungen wird im Dialog der Feldforschung vermittelt. Schließlich stellen Dialoge das zentrale empirische Material dar, auf dem die ethnographische Repräsentation der fremden Gesellschaft beruht.

Das Sprechen als grundlegendste soziale Tätigkeit des Menschen muß, wie alle Arten sozialen Handelns, kulturspezifische Eigenarten haben, die (vergleichend) zu untersuchen eine Hauptaufgabe der Ethnologie ist. Worin besteht aber überhaupt die kulturelle Prägung des Sprechens und in welchen spezifischen Formen kann sie gezeigt werden? Um die mündlichen Quellenmaterialien der Ethnologie auf ihre spezifischen Arten der Bedeutungskonstruktion hin zu untersuchen, muß eine eigene, genuin ethnologische Methodik entwickelt werden. Sprechwissenschaften wie die Kommunikationsethnographie, die Konversationsanalyse und Soziolinguistik haben wichtige Vorarbeiten erbracht, doch muß die Perspektivik ihrer Fragestellungen umgekehrt werden: Wenn das Sprechen eine kulturelle Form hat, was sagt diese dann über die Sprecher selbst und darüber aus, wie sie sich in Beziehung setzen? Um Verstehen zu erreichen, müssen die Sprecher verweisen: auf sich selbst, auf einander und auf ihre Gesellschaft. Besonders mit "leeren Zeichen" (z. B. Deiktika) leisten sie die Konstruktion personaler, lokaler und kollektiver Identität.

Anhand von Tondokumenten aus einer vergleichenden Feldforschung in zwei ländlichen Gemeinden im Bergland von Südspanien (Andalusien) bzw. Ostdeutschland (Thüringen) zeigt der Autor, welche Formen der Konstruktion von Identität die Sprecher verwenden und wie diese mit Blick auf die "sprechende Gesellschaft" lesbar sind.

Indem die Ethnologie den Dialog nicht allein als Vehikel kultureller Inhalte, sondern bereits selbst als eine kulturelle Tätigkeit nimmt, eröffnet sie sich einen neuen Zugang zur Frage nach der Konstruktion der kulturellen Bedeutung und gewinnt zum Status der reinen Beobachtungswissenschaft die Qualität der "Hörwissenschaft" hinzu.
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