Beschreibung
In den Schriften “Abhandlung über den Ursprung der Sprache” und
“Shakespear.” etabliert J. G. Herder (1744 – 1803) Geschichte als zentrale
Erkenntnisform sprachphilosophischer und literaturtheoretischer
Betrachtungen. Sein dabei entwickelter Genie-Begriff zeigte bahnbrechende
Folgen in der Sturm und Drang-Bewegung (vor allem bei Goethe).
“Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit”, ein von
sokratischer Ironie durchdrungenes Fragment, entfaltet an unzähligen
Beispielen und Exkursen (Wichtig für die Methodik dieser Arbeit!) mittels
verschiedener Stillagen (Beinahe schon postmodern!) das
erkenntnistheoretische Potential von Geschichte und Poesie (Durchaus ein
Gegenentwurf zu Hegels Geschichtsphilosophie!). Poesie deshalb, weil sie
sich als ein flexibles Medium gegenüber dem disparaten Stoff der Geschichte
erweist. Dabei unterläuft Herder – auch in Frontstellung zu bestimmten
Positionen der Aufklärung – den Antagonismus von Philosophie und Poesie. So
werden z. B. Metaphern Träger von Erkenntnisinhalten.
Herders relecture des alttestamentlichen Hohen Liedes weitet die Persepktive
auf die moderne Hermeneutik-Diskussion (Rosenzweig, Dilthey, Heidegger und
Gadamer), Sprachphilosophie (Austin) und Romantik (Novalis).
Der Gottesgedanke, wie ein Leitmotiv in den Herderschen Texten
wiederkehrend, ist unaufgebbarer Garant eines geschichtlichen Sinnes, den
das Genie dichterisch zur Gestalt bringt.