Beschreibung
Sind Probleme bikultureller Ehen in Berlin durch die
Kulturdifferenz bedingt? lautet eine der Ausgangsfragen der
vorliegenden Arbeit. Die empirische Basis stellen 63
dokumentierte Interviews von Paaren oder Einzelpersonen dar,
die in bikulturellen Beziehungen lebten oder leben.
Die Betroffenen-Literatur und ältere Studien suggerieren,
daß wesentliche Probleme dieser Ehen durch den Kontrast und
Konflikt zweier Kulturen verursacht würden. Die Autorin
verweist auf die von den Befragten als gering angesehenen
Kulturunterschiede und im zweiten Schritt auf das weit
wesentlichere Motiv zur Wahl eines “Fremden” für die
jeweilige spezifische Konzeption von Ehe. Die Untersuchung
der Geschichte und Vorgeschichte der Ehen und insbesondere
die Thematisierung der Ehen der eigenen Eltern machen
deutlich, daß die hier geschilderten Ehethemen unabhängig
vom ausländischen Partner sind und mit einem inländischen
Partner womöglich noch früher aktuell geworden wären.
Durch die Schilderung von Eheverläufen als Wiederholung der
Ehemuster der eigenen Eltern und auch der Rollenverteilung
in der Ursprungsfamilie werden Bezüge zu Partnerwahl und Ehe
hergestellt.
Bikulturelle Partnerschaften sind nicht zu generalisieren,
wohl aber haben Partnerschaften aus bestimmten, kulturell
homogenen, Räumen viele Gemeinsamkeiten. Dieses Gemeinsame
hat nun aber weniger mit Kultur zu tun als mit einer
individuellen Erwartungshaltung an einen Partner auf dem
Hintergrund stereotyper Bilder der jeweils gewählten
Kultur.
Anhand gesondert analysierter Lebensgeschichten von sechs
Paaren wird die Wandlung von “kognitiv” Fremdem in
“normativ” Fremdes bis hin zu einer
“Ent-Fremdung” aufgezeigt, ein Weg, der für
Partnerschaften im wachstumsorientierten Sinne notwendig
erscheint.
Prof. Roche ist Sprecher des Instituts f³r Deutsch als Fremdsprache
der LMU Munchen, assoziierter Professor an der Deutsch-Jordanischen
Hochschule und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesamtes
f³r Migration und Fluchtlinge.