Beschreibung
Grundthema der vorliegenden
Arbeit ist die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels im
Verständnis der physiologischen, psychologischen und
sozialen Aspekte des Alkoholismus.
Eine solche Veränderung läßt die Psychologik der Sucht als
Sinnbildungsprozeß unter isolierenden Bedingungen begreifen.
Das eröffnet den Zugang für neue Dimensionen der
Suchtberatung und der Therapie.
Ausgehend von einer umfassenden Aufarbeitung der Geschichte
der Alkoholismusforschung zeigt der Autor den vorherrschenden
Reduktionismus und die damit
verbundenen Tendenzen zur “Verdinglichung” in den Auffassungen zum
Alkoholismus auf. Ihr harter Kern spiegelt sich nach wie vor
in der Sicht des biologischen Determinismus und den
Mystifizierungen, wie sie in Konzepten des
“Kontrollverlustes” und dem “Rückfall”-verständnis zum
Ausdruck kommen.
Abweichend vom üblichen Design der main-stream Psychologie
(der einzelne Mensch interessiert hier nicht als Person
sondern nur als möglicher Datenträger) wird die
Lebenslaufanalyse eines arbeits- und obdachlosen
Alkoholikers dargestellt.
Die Lebensgeschichte wird verstanden als Ausdruck eines
dialektisch komplexen Zusammenhanges. Sie bietet die höchste
Gewähr dafür, daß ein Mensch der “Vertauschbarkeit”
entzogen wird. Im Sinne der
“Möglichkeitsverallgemeinerung” ist die Einzelfallanalyse
ein sinnvoller Forschungsprozeß.
“Worum es geht”, sagt der italienische Psychiater
Basaglia, “ist, die Gestalt des Kranken zu begreifen, zu
rekonstruieren wie sie gewesen sein mußte bevor die
Gesellschaft mit Ausschluß auf den Kranken einwirkte, das
heißt, nicht weiter mehr nach dem Defekt des Kranken zu
fragen, sondern nach seinen Möglichkeiten, das heißt, ihn
als Subjekt seiner Tätigkeit zu begreifen.”
Hans-Udo Schneider, Dr.phil., Jahrgang 1946,
Ausbildung als Diplom-Psychologe, seit 1993 Leiter der
Industrie- und Sozialarbeit im Kirchenkreis Gladbeck,
Bottrop, Dorsten; zuvor Mitglied des interdisziplinär
arbeitenden Gruppenpfarramtes der Evang. Kirchengemeinde
Wulfen als einem Modellprojekt in der Westf. Landeskirche.