Beschreibung
Unter dem Einfluss der experimentellen Psychologie und der
Neurophysiologie vollzog sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
in der Ästhetik und Architektur eine weit über ihre eigentlichen Felder
hinaus wirkende Wende. Mit der Idee der “Einfühlung” rückte die Frage
unserer sinnenhaften Wahrnehmung zwischen Objekt- und Selbstvorstellung
ins Zentrum der Ästhetik. Die Einfühlungsästhetik war geprägt von der
Abwendung von Repräsentation und Formsymbolik und der Hinwendung auf die
leiblich-körperliche Präsenz im Raumkontinuum. Mit dem zugrundeliegenden
Psychologismus und der Vorstellung einer getrennten Innen- und Außenwelt
blieb jedoch vage und unvollendet, was erst mit Edmund Husserls
Transzendentalphänomenologie und der Methode der “phänomenologischen
Reduktion” seine konzeptuelle Präzisierung erhielt. Die
Einfühlungsästhetik wird so als eine Vorstufe zur Phänomenologie sichtbar,
als eine Phänomenologie avant la lettre.
Dr. phil. Thomas Friedrich ist Professor für Designtheorie und Philosophie
an der Hochschule Mannheim. Er leitet dort das Institut für
Designwissenschaft.
Dr.-Ing. M. S. Jörg H. Gleiter ist Professor für Ästhetik an der Freien
Universität Bozen. Er ist Mitherausgeber der Reihe “Philosophische
Diskurse”.