Beschreibung
In exemplarischer Weise bestätigt AIDS, daß die Wahrnehmung
von Krankheit einer gesellschaftlichen Konstruktion
unterworfen ist. Teil dieser Konstruktion ist der Diskurs
über die Epidemie, der unmittelbar mit den jeweiligen
sozialen und politischen Gegebenheiten einer Gesellschaft
verquickt ist.
Basierend auf einer mehrmonatigen Feldforschung im
ländlichen Tanzania zeigt das Buch, daß der wirtschaftliche
und soziale Wandel der Region zu einem Konflikt zwischen den
Generationen und Geschlechtern geführt hat, der durch den
AIDS-Diskurs einer Wertung unterzogen wird. Durch das
Sprechen über AIDS und die Bezugnahme auf die Bereiche
Bildung und Geld wird eine neue Moral ausgehandelt, die
eigentlich eine alte ist, da sie aus der
Vergangenheit der Luo hergeleitet wird.
Unterstützt wird die Analyse durch die Einbettung in
Theorien der Ökonomie und der gesellschaftlichen
Rekonstruktion von Vergangenheit, die verdeutlichen, daß
AIDS aus der Sicht der lokalen Bevölkerung zu einer Metapher
für das Leben unter den Bedingungen der Moderne und ihrer
negativen Konsequenzen geworden ist.
Hansjörg Dilger studierte Ethnologie an der
Freien Universität Berlin mit der regionalen Ausrichtung
Ostafrika und dem theoretischen Schwerpunkt
Medizinethnologie. Zur Zeit arbeitet er über das Erleben und
Gestalten von AIDS innerhalb familiärer und lokaler Kontexte
in Tanzania.