Beschreibung
Scheibe oder Kugel? Welche Vorstellung von der Erdgestalt beherrschte
das mittelalterliche intellektuelle Klima? Mußte die antike Erkenntnis
der kugelförmigen Erde der rohen Anschauung einer Erdscheibe, als
Ausdruck völligen Niedergangs des Naturwissens weichen? Auch wenn seit
langem kritische Stimmen vor einer Überbewertung einzelner Beispiele
warnen, stand doch die hierauf gerichtete Bearbeitung der
mittelalterlichen Literatur
in größerem Umfang bisher aus. Dieses Desideratum historischer Forschung
sucht der Autor, Diplomphilosoph und promovierter
Wissenschaftshistoriker, auszufüllen.
Die vorliegende Studie beruht nicht auf Vermutungen und Spekulationen
sondern spürt den weit verstreuten Quellen nach. Als Ergebnis liegt eine
knapp kommentierte Sammlung von Belegen für die Anerkennung der
Kugelgestalt der Erde und der Existenz von Antipoden für das gesamte
Mittelalter, seit dem 6. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts vor –
geschöpft aus der “Artes”-Literatur, enzyklopädischen Schriften,
Genesiskommentaren sowie kleinen theologischen und naturkundlichen
Abhandlungen oder Gelegenheitsschriften. Die Liste von etwa 60 Autoren
und anonymen Traktaten enthält gleichermaßen klangvolle Namen, wie auch
in der Wissenschaftsgeschichte kaum bekannte Persönlichkeiten
mittelalterlicher Gelehrsamkeit. So entsteht einerseits das Bild einer
regen geistigen Auseinandersetzung sowie andererseits die Frage, inwieweit
die Scheibengestalt der Erde, von einigen wenigen literarischen Belegen
abgesehen, überhaupt eine größere Verbreitung im Kreis der Gebildeten
erlangte.