Beschreibung
Als entstellende Hautkrankheit war Vitiligo in der Vormoderne ein Grund für Diskriminierung. Im Extremfall kam es zur sozio-kulturellen Ausstoßung, nämlich im biblischen Israel und in Alt-Persien; im östlichen Iran blieb die Ausstoßung bis ins 19. Jahrhundert erhalten. Die griechisch-römischen, iranischen, jüdischen und christlichen sowie die arabischen Traditionen über diskriminierende Vitiligo sind in den Quellen vernetzt. Beispielsweise erklären mittelalterlich rabbinische Bibelübersetzungen aus dem Hebräischen ins Arabische den sogenannten biblischen Aussatz (Tzaraat) als Baras, wie Vitiligo im Arabischen heisst. Während sich die iranischen und arabischen Traditionen bis heute gehalten haben, sind die anderen im Mittelalter verschwunden. Bei den abendländischen Ärzten ging das antike Wissen über Vitiligo verloren und musste im 19. Jahrhundert neu begründet werden. Die vorliegende medizin- und kulturgeschichtliche Untersuchung gründet nicht auf retrospektiver Diagnose, sondern auf lebendig gebliebenen Traditionen und interkulturellen Zusammenhängen.
Dr. Rolf Krauss (Promotion 1981; Habilitation1993) arbeitete im letzten Jahrzehnt über soziale Auswirkungen von Hautkrankheiten im Alten Orient und der griechisch-römischen Antike; Vorberichte sind in Fachzeitschriften erschienen.