Beschreibung
“Familie” und “Verwandtschaft” sind nach wie vor
wirkmächtige Kategorien
in westlich-kapitalistischen Gesellschaften und vor allen Dingen auch in
Wirtschaftsunternehmen, wie die vorliegende ethnografische Fallstudie
zeigt. Sie widmet sich einem Familienbetrieb, der in dritter Generation
Limonaden für einen lokalen Markt produziert. Wie dabei familiale
Reziprozität und marktorientiertes Handeln verschränkt sind und wie die
gemeinsame Bewirtschaftung des Besitzes eine Gemengelage von Herrschaft
und Emotionen produziert, machen verschiedene soziale Situationen
sinnfällig, etwa gemeinsame Mahlzeiten, das Geburtstagsjubiläum des
Seniorchefs oder Erinnerungserzählungen. Weiterhin wird ersichtlich, dass
sich die spezifische Unternehmenskultur nicht nur aus den Bedingungen der
räumlichen und familialen Nähe sowie dem Denken in Besitzverhältnissen
generiert, sondern auch aus den Erfordernissen der Branche und dem
spezifischen regionalen “Ethos”, in das die
Betriebsfamilie verflochten
ist. Im Kontext von spätmoderner Ökonomie sind Familienbetriebe als
Wirtschafts- und zugleich Kulturform nicht als “Relikte”
eines
vorindustriellen Kapitalismus, sondern selbst als prozesshafte Gebilde zu
verstehen.