Beschreibung
In Brasilien hat eine Politik der Industrialisierung zur
Abwanderung weiter Teile der ländlichen Bevölkerung in die
städtischen Zentren und zur Verarmung der Mehrheit des
Volkes geführt. Kritiker des brasilianischen
“Entwicklungsweges” rufen daher nach alternativen
Gesellschaftsmodellen, die das Leben auf dem Land wieder
attraktiv und eine nachhaltige Entwicklung für die
Gesamtheit der Brasilianer möglich machen. Als Utopie einer
alternativen Geellschaft spielen landwirtschaftliche
Kollektive nach wie vor eine bedeutende Rolle in der
brasilianischen Diskussion.
In einer Fallstudie im Bundesstaat Esp’rito Santo
werden
drei Kollektive in Landreformsiedlungen untersucht. Zum
Verständnis der Kollektive wurde eine interdisziplinäre
Herangehensweise gewählt. Als Voraussetzung der Kollektive
werden Engagement und Ideologie der Mitarbeiter der
sogenannten Volkskirche (igreja popular) ebenso beschrieben
wie Methode und Ziele der Aktivisten der Landlosenbewegung
MST. Um das Funktionieren und die Probleme der Kollektive
deutlich zu machen, wird ein Überblick über das politische
und ökonomische Umfeld gegeben. Der Schwerpunkt der Arbeit
liegt jedoch auf einer Betrachtung aus der Innenperspektive
der Kollektive. Anhand zahlreicher Interviews von Siedlern
und einer differenzierten Analyse der individuellen und der
kollektiven Wirtschaftsweise wird aufgezeigt, daß Kollektive
von einer marginalisierten Bevölkerung durchaus mit Erfolg
praktiziert werden können. Die Leistung der Kollektive
besteht jedoch nicht in ihrer ökonomischen Überlegenheit
gegenüber der individuellen Landwirtschaft, sondern in
zahlreichen qualitativen Verbesserung für das Leben ihrer
Mitglieder.