Beschreibung
Die Geister des Feuers, oder auch Europäergeister, bilden
die kulturhistorisch jüngste Geisterkategorie im Pantheon
des Bori-Kultes der Hausa. Sie erschienen zu Beginn der
Kolonialzeit in den Besessenheitsritualen des Kultes, wo sie
von ihren Adepten nach den Vorbildern der kolonialen
Militärs und europäischen Verwaltungsbeamten verkörpert
wurden.
Die vorliegende Arbeit basiert auf einer insgesamt
vierzehnmonatigen Feldforschung in der nordnigerianischen
Großstadt Kano. Im Zentrum der Arbeit steht die rezente
Praxis des Kultes, vor allem aber das Bild der Geister, wie
es von den Geistmedien und Musikern des Kultes in
Erzählungen, Preisgesängen und nicht zuletzt auf dem
Tanzplatz entworfen wird. In einem historischen Exkurs wird
das Auftreten der Europäergeister in verschiedenen Regionen
des Hausalandes, im Niger und in Nigeria, über sieben
Jahrzehnte verfolgt. Dabei wird deutlich, daß sich die
Mitglieder des Kultes heute bei der Repräsentation der
Geister nicht mehr allein auf die eigentümliche Kultur der
europäischen Kolonialisten beziehen, sondern ebenso auf die
gleichermaßen anziehend und abschreckend wirkende Kultur des
nigerianischen Militärs. Das rituell entworfene Bild der
Geister gestattet dem Leser einen Blick über die Schultern
der Akteure, einen Blick auf die Wahrnehmung und Bewertung
des europäischen Fremden und des nigerianischen Soldaten
durch die Mitglieder des Kultes.
Matthias Krings ist Mitarbeiter am
Sonderforschungsbereich 268 “Kulturentwicklung und
Sprachgeschichte im Naturraum Westafrikanische Savanne” an
der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.