Beschreibung
Kommunitäre Gruppen – Gemeinschaften, die freiwillig alles gemeinsam
haben – treiben das Teilen ins Extrem. Wie alle Formen der Kooperation,
in denen Zwang (Staat) und individuelle materielle Anreize (Markt)
ausgeschlossen sind, macht sie dies anfällig für den Egoismus ihrer
Mitglieder. Die meisten dieser Experimente scheitern denn auch schnell,
doch einige blühen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte und unternehmen
mutige, oft utopische kulturelle Experimente. Anhand eines Vergleichs von
43 Gruppen aus den letzten drei Jahrhunderten – darunter so bekannte wie
die Hutterer, die Kibbutzim, Oneidea, die Shakers und die
Bruderhof-Gemeinschaften – klärt Christoph Brumann die Gründe für die
seltenen Erfolge. In Bereichen wie Größe, Zweigstrukturen, Ehe und
Familie, charismatischer Führung und Überzeugung entdeckt er
überlebensförderliche und -hemmende Bedingungen, die er in integrierten
Modellen zusammenfaßt. Statt der in Kulturvergleichen sonst üblichen
statistischen Verfahren nutzt er dazu intensive Fallanalysen und die
Möglichkeiten der Implikationslogik. Es zeigt sich, daß es eine Reihe von
Gesetzmäßigkeiten gibt, die sich unabhängig von den offiziellen
Überzeugungen der Gruppen auswirken, mitunter ohne diesen überhaupt bewußt
zu sein.
Diese Studie ist ein Plädoyer für die empirisch orientierte, vergleichende
Erforschung von Kooperation. Oft scheitert Kooperation nicht am mangelnden
Idealismus, sondern am falschen Design. Wer Menschen dazu bringen möchte,
zu teilen – ob nun Güter, Arbeitsplätze oder
Aufmerksamkeit -, sollte
daher die bereits gemachten Erfahrungen nicht ignorieren. Kultur- und
Sozialwissenschaftler aller Disziplinen sind mit diesem Thema
angesprochen.
Christoph Brumann studierte Ethnologie und Japanologie in
Köln und Tokyo. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Völkerkunde der Universität zu Köln.
Umschlagphoto: Die Mitglieder der amerikanischen Kommune
Twin Oaks (mit freundlicher Genehmigung von Jonathan Roth)