Wandmalerei des 13. Jahrhunderts im Klarissenkloster S. Pietro in Vineis zu Anagni – Bilder für die Andacht

ab 25,90 

Margret Boehm

ISBN 978-3-8258-4394-7
Band-Nr. 64
Jahr 1999
Seiten 244
Bindung broschiert
Reihe Kunstgeschichte

Artikelnummer: 978-3-8258-4394-7 Kategorien: , ,

Beschreibung

„Sieh auf den, der um Deinetwillen verachtenswert geworden ist und folge
ihm nach, … schaue an, betrachte, beschaue und begehre nachzuahmen. Wenn
Du mit ihm leidest, wirst du mit ihm herrschen, … wenn Du mit ihm am
Kreuz der Trübsal stirbst, wirst Du in der Herrlichkeit der Heiligen die
himmlischen Wohnungen besitzen… “

Mit diesen an Agnes von Prag gerichteten Worten beschrieb die heilige
Klara das Lebensideal des von ihr in der Nachfolge des hl. Franziskus
gegründeten Frauenordens, der Klarissen. Anders als die auf Bettel,
Seelsorge und Mission, d.h. eine „vita activa“ verpflichteten
Franziskanermönche lebten die Frauen in der Klausur eine „vita
contemplativa“. Im Zentrum ihrer mystischen Lebensausrichtung stand
Christus, durch den sie den unsichtbaren Gott in der Welt offenbart sahen.

Die Wandmalerei des Oratoriums von S. Pietro in Vineis in der alten
Papststadt Anagni, wo Klara 1255 heiliggesprochen wurde, ist die wohl
älteste erhaltene Bilderfolge eines Klarissenklosters. Kaum zufällig
handelt es sich um Darstellungen der Passion, der Auferstehung und
Wiederkehr Christi sowie der Stigmatisation des heiligen Franziskus.
Sorgfältige Analysen zeigen auf eindrückliche Weise, daß bereits in der
Mitte des 13. Jahrhunderts Bilder entstanden sind, die Meditation und
Andacht stimulieren. Durch ein komplexes Zusammenspiel von
Identifikationsfiguren und subtilen Blickführungen involvieren sie den
Betrachter und machen ihn zum Teilhaber an den Ereignissen der
Offenbarung. Der anonyme Autor der Fresken verwandelte das erzählerische
Nacheinander in einen Zustand simultaner Präsenz, in dem das vergangene
Geschehen in aktueller Geltung erfahren wird. Aus der Bilderzählung wurde
eine Sequenz genuiner Andachtsbilder.

So präzisieren und erweitern diese Fresken unsere Vorstellung von der
Genese des Andachtsbildes, die sich offenbar nicht ausschließlich in der
Gattung des Tafelbildes oder der Miniatur vollzogen hat. Sie erlauben
einen neuen Zugang zur Entwicklung der Malerei vor Giotto, bereichern die
Vorgeschichte um den Aspekt einer der „visio Dei“ gewidmeten Bildform.