Beschreibung
Die Diskussion um die Funktion und Aufgabe der Ethik innerhalb
pluralistischer Gesellschaft hat gegenüber dem “Projekt der Moderne”
gegenwärtig noch einmal eine enorme Differenzierung dieses Bereichs
wissenschaftlicher Arbeit erbracht. Jenseits religiöser, politischer oder
wissenschaftlich-rationaler Sinnsysteme drängen die konkreten
ethischen Fragen zurzeit unaufschiebbar zu zahlreichen, voneinander
unabhängigen und widersprüchlichen, aber ethisch doch irgendwie
reflektierten Entscheidungen. Die Anwendungsfragen haben sich in
sogenannten Bereichsethiken mit je eigener Sach- und
Sprachlogik auseinanderbewegt und sind schon in ihren sachlichen
Grundlagen kaum noch zu überblicken. So stellt sich heutige
ethisch-theoretische Reflexion nicht als ein einheitlicher Partner dar,
demgegenüber die Moraltheologie lediglich auf Kommunikabilität und
rationale Vermittlung ihrer im Horizont des Glaubens bedachten moralischen
Positionen zu achten hätte. Die Theologie muss sich dieser Entwicklung
erneut stellen, will sie dem Anspruch von der “Offenheit” ihres
“Systems” auf das wissenschaftstheoretische Problembewusstsein der
zeitgenössischen Umwelt gerecht werden. Aus der “autonomen Moral im
Kontext des Glaubens” muss eine “christliche Ethik im pluralistischen
Umfeld” werden.
Josef Römelt ist Professor für Moraltheologie und Ethik an
der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.