Beschreibung
Europäische Minderheitenbewegungen scheinen gegenwärtig
politisch stärker als je zuvor zu sein. Das vorliegende Buch
geht der Frage nach, welche Kräfte und Ressourcen Saamen und
Sorben als kleinen ethnischen Minderheitengruppen für eine
Mobilisierung zur Verfügung stehen. Grundlage ist dabei die
Kombination der Auswertung von Feldforschungsmaterial
(darunter ca. 60 Interviews mit Aktivisten und
Minderheitenvertretern) mit der Analyse des
politisch-juristischen Kontextes. Zum einen werden das
Selbstbild und die politischen sowie die kulturellen
Forderungen und Vorstellungen von Sorben in Deutschland und
Saamen in Finnland nachgezeichnet. Zum anderen geht es
darum, den rechtlich institutionalisierten
Minderheitenschutz als identitätsstiftenden politischen
“Hebel” zu begreifen. Kulturelle Rechte, wie sie in den
internationalen Menschenrechts- und
Minderheitenschutzbestimmungen formuliert sind, spielen für
das Selbstverständnis der sorbischen und saamischen
Minderheitenorganisationen eine außerordentlich wichtige
Rolle. Das internationalen Minderheitenschutzbestimmungen
zugrundeliegende Postulat, Minderheiten seien quasi
“natürliche” Gruppen, führt dazu, daß diese – um Schutz
beanspruchen zu können – auch tatsächlich zu solchen werden
bzw. als solche auftreten. Dabei greifen die Aktivisten
notwendigerweise auf Vokabular und Grammatik des
Nationalismus zurück.
Reetta Toivanen ist Dozentin am Institut für
Europäische Ethnolgie der Humbodlt Universität zu Berlin.