Beschreibung
Was passiert, wenn weibliche Selbständigkeit von institutioneller Seite als “einziger
Ausweg in die Erwerbstätigkeit” gefo(e)rdert wird? Ann-Katrin Zöckler analysiert die
im EU-Förderprogramm für die strukturschwache südspanische Region Andalusien
angelegte Verschränkung feministischer Gleichstellungs- und Autonomiepolitik mit
einer neoliberalen Gouvernementalität, in der die unternehmerischen Subjekte selbst
für die Sicherung ihrer beruflichen und privaten Zukunft verantwortlich sind. Auf der
Basis von teilnehmender Beobachtung und erwerbsbiographischen Interviews zeigt
sie, wie drei Generationen andalusischer Frauen mit den neuen Möglichkeiten und
Zumutungen des Arbeitsmarktes umgehen, warum und wie sie zu Unternehmerinnen
werden.
In ethnographisch dichten Porträts wird deutlich, dass die Motivationen, Ressourcen,
Selbsttechnologien und (Ver-)Handlungsstrategien je nach Alter, biographischem
Hintergrund sowie Unternehmensform und -phase variieren. Dennoch entwickelt sich
eine kollektive Subjektivität “Emprendedora”: Die zehn porträtierten
Existenzgründerinnen befinden sich in einer höchst prekären und ambivalenten
Lage zwischen Freiheit und Abhängigkeit, Selbstverwirklichung und
Selbstausbeutung. Alle grenzen sich jedoch explizit von den patriarchal-
rückständigen Aspekten der andalusischen Arbeits- und Alltagskultur ab und
machen sich somit auf eine sehr eigen- und widerständige Weise zu
Unternehmerinnen des gesellschaftlichen Wandels.