Buchenwald – Weimar: April 1945

ab 5,90 

Peter Krahulec; Roland Schopf; Siegfried Wolf

Wann lernt der Mensch? Mit einem Begleitwort von Ralph Giordano Ein Grundlagenbuch für Gruppenarbeit und Selbststudium

ISBN 978-3-89473-414-0
Band-Nr. 4
Jahr 1994
Seiten 300
Bindung broschiert

Artikelnummer: 978-3-89473-414-0 Kategorie:

Beschreibung

Den Nationalsozialismus und die
Singularität seiner Verbrechen begreifen – geht das
überhaupt noch für die Nachgeborenen der zweiten und
dritten Generation?
Die Autoren, theoretisch und praktisch in der Jugendarbeit
und sozialen Pädagogik tätig, folgen dem Brechtschen
Perspektivenwechsel von den Führern zu den Geführten, von
den Hauptschuldigen und NS-Aktivisten zu den MitläuferInnen
und MittäterInnen und spüren mit den Mitteln der oral history
deren Lebenswelt nach und den obwaltenden Bedürfnissen,
Ängsten und Hoffnungen. Vom Faszinosum zur ruinösen
gesellschaftlichen und individuellen Frustration, auf dem
Weg von der „ersten“ zur „zweiten Schuld“ markiert
soziologische Phantasie in drastischer Reduktion ein
Lernexperiment „unerhörten“ Ausmaßes:
Am 16. April 1945 befahl der us-amerikanische
Stadtkommandant, 1000 Weimarer BürgerInnen durch das gerade
befreite KZ Buchenwald zu führen, „um sich von den Zuständen
dort“ und ihrer Mitverantwortung „zu überzeugen“. Der
Hauptteil des Buches sichert minutiös aus Akten,
Alltagsdokumenten und ZeitzeugInnenbefragungen die Spuren
jener Tage im April, in denen in mikroskopischer Dichte ein
Zeitalter rekonstruierbar wird: die politische Psychologie
der Zeit zwischen „Wunderwaffen“-Hoffen und
„Niemand-war-ein-Nazi“-Verdrängen; die Schocks der Sieger
bei der Befreiung der KZs; pars-pro-toto die Reaktion der
WeimaranerInnen; die Sicht und Schwüre der
„Konzentrationäre“; das Echo der internationalen
Öffentlichkeit sowie die mit den „Todesmühlen“ anhebende
Reeducation als westlicher Variante eines verordneten
Antifaschismus. Gleichzeitig zeugt die `Spurenverwischung‘
zum April 1945 in der ehemaligen SBZ/DDR vom allmählichen
Demokratieverlust des real existierenden Anti-Faschismus.
Drei Essays bereiten die jeweils kommentierten
Originaldokumente für die heutige Bildungsarbeit auf: zur
Didaktik historisch-politischer Spurensuche (Krahulec) und
zur Vergangenheitsaufarbeitung aus westlicher (Schopf) und
aus östlicher (Wolf) Sicht. Ralph Giordano, der Autor der
„Zweiten Schuld“, hat ein Geleitwort geschrieben unter dem
Motto: „Von allem Schweren ist es das Leichteste, sich der
Wahrheit zu stellen“. In diesem Sinne gewinnt die Leitfrage
„Wann lernt der Mensch?“ eine überdauernde Antwort.