Beschreibung
Die historisch erste fundamentalistische Bewegung der Neuzeit war der
protestantische Fundamentalismus in Nordamerika. Er verdient diesen Namen,
weil er sich selbst so nennt und nicht – wie im Falle aller anderen
politischen und religiösen Fundamentalismen der Gegenwart – weil andere ihn
so bezeichnen. Aus politikwissenschaftlicher und theologischer Perspektive
zugleich betrachtet, entpuppt sich der protestantische Fundamentalismus
als eine hochpolitische Bewegung, die ihre religiöse Botschaft
selbstbewußt in der postmodernen Gesellschaft plaziert. Er entzieht sich
damit zugleich den ihm anhaftenden Klischees des Konservatismus und der
dogmatischen Fixierung. Auch die alten Vorwürfe der theologischen
Verhärtung und des Traditionalismus sind angesichts des gesellschaftlichen
Engagements, das von außenpolitischen Fragen bis zur Diskussion um die
Aufgaben der Verfassungsgerichtsbarkeit reicht, überholt. Der Versuch des
protestantischen Fundamentalismus, das Verhältnis von Kirche und Staat neu
zu definieren, fordert eine neue politologische und theologische Bewertung
der Bewegung.