Beschreibung
In dem Gesicht des Alten mit dem Hut drückt sich für mich
überraschend eine große Gelassenheit und Weitsicht aus,
gepaart mit einem Schuss ironischer Resignation. Er wird
erzählen, er will ein Zimmer haben und wenn man es ihm
besorgt hat, dann will er es doch wieder nicht. Die Straße
ist für ihn zum Lebensort, zur Heimat
geworden. (…)
Der Philosoph Baudrillard spricht von einer “mentalen
Wüstenform”, vom Verlust des Sozialen, die vierte Welt ist
mitten unter uns! Manche Gesichter wenden sich ab von dieser
Welt und blicken verängstigt, trotzig gegen diese Welt
an! (…) Die 60 Photographien von Karin Powser und
Thomas Kurek
zum Thema Wohnungslosigkeit und Armut sind
parteiisch! (…)
Gerade in einer Zeit, in der viel von
Sicherheitspartnerschaft oder eben auch konkret von
Vertreibung aus den Innenstädten die Rede ist unter dem
Motto “Man muss die Ängste der Bürger Ernst nehmen”,
sprechen diese Bilder für sich. Die Ängste signalisieren,
dass nicht mehr konkrete Straftaten, sondern subjektive
Empfindlichkeiten zum Ausgangspunkt politischer Intervention
werden. Wenn die Menschen süchtig, aggressiv, krank werden,
bricht der Normalbürger in noch stärkerem Maße den Kontakt
zu ihnen ab. Die Moral- und Sicherheitsdiskurse in vielen
Städten unserer Republik sind gekennzeichnet von der Angst
bestimmter Gruppen um ihre Macht und vor dem Aufweichen der
Normalitätsstandards. Wer hat die Macht über bestimmte
angeeignete Räume auch in unserer Stadt? (…)
Walter Lampe